Das im 19. Jahrhundert im nördlichen Burgenland entdeckte Gräberfeld von Edelstal (ung. Nemesvölgy) gehört zu den ältesten bekannten Fundstellen der Awarenzeit in Österreich. Da aber von den 256 Gräbern, die zwischen 1884 und 1887 unter Leitung von Dr. Ágost S?tér ausgegraben wurden, nur ein gewisser Teil mit ausgewählten Fundabbildungen publiziert ist, wurde in den 1980er Jahren ein umfassendes Materialvorlage- und Auswertungsprojekt initiiert. Dieses konnte schließlich im Rahmen eines Münchner Promotionsvorhabens abgeschlossen werden, dessen Ergebnisse nun im vorliegenden Band vorgelegt werden. Nach mehr als 100 Jahren seit der Auffindung wird somit das Gräberfeld von Edelstal und dessen Funde der Forschung zugänglich gemacht.
Neben einem detaillierten und quellenkritischen Fundkatalog mitsamt Tafelabbildungen bildet das Kernstück der Arbeit die antiquarische Analyse der Grabfunde, die anhand von Verbreitungsmustern Aussagen zum zeitlichen und chorologischen Vorkommen der einzelnen Funde zulassen und somit Anhaltspunkte zur Datierung eines Grabes liefern. Hierbei konnte auf die umfangreiche Datenbank und statistischen Programme von Peter Stadler (Montelius und WinSerion) zurückgegriffen werden, die diese minutiöse Analyse erleichterten. Die dabei herauszuarbeitende „innere Chronologie“ eines Gräberfeldes bildete wiederum die Grundlage zur relativen Betrachtung von Bestattungs- und Beigabensitten, die Rückschlüsse auf den sozialen Status und Ethnizität des Bestatteten erlauben können und somit die Struktur und das Wesen der damaligen Bevölkerung widerspiegeln. Der Vergleich mit anderen Fundstellen, sowohl hinsichtlich der Ausstattungsquantität und -qualität als auch der Qualität der Funde im engeren Sinn, führte zum Ergebnis, dass die in Edelstal bestattete Gemeinschaft wohl eine führende Rolle innerhalb des nordwestlichen Awarenreiches innegehabt haben dürfte und den wichtigen Durchgang in das Karpatenbecken zwischen Donau und Neusiedler See (Porta Hungarica) im späten 7. und 8. Jahrhundert kontrollierte.